Traumdeutung: Teil 1
Der dritte Weltkrieg bricht aus – doch glücklicherweise wurde das bislang unbekannte Land Kristoffia gerade neu entdeckt. Dort wird einem Zuflucht geboten, da es aus einem Höhlensystem besteht. In diesen Höhlen ist man sicher.
Die Traumdeutungen entstehen seit 2022 in Kooperation mit The Missing Link in Zürich. In diesem interdisziplinären Projekt kann jede Person einen beliebigen Traum einreichen, der anschließend sowohl von Psychoanalytiker*innen als auch von Künstler*innen interpretiert und in jährlichen Screenings gezeigt wird.
Ursprünglichen Traum in Textform anzeigen
„Ich habe irgendwie dem Echo der Zeit gelauscht. Der dritte Weltkrieg brach aus und es ging um die Bildung von Allianzen zwischen den kleineren Ländern und den Großmächten. Plötzlich erzählte mir C., dass die Schweiz die ganze Vollmacht im Verlauf des Krieges an Kroatien übergab. Ich dachte, dass das komisch ist. Mir erschien die Idee, Kroatien die gesamte Vollmacht zu übergeben, verrückt. Es ist, als würde man seinen eigenen Kopf unter die Guillotine legen – und das aus freiem Willen. Aber dann habe ich mir den Podcast weiter angehört und es stellte sich heraus, dass die Schweiz einem Land namens Kristoffia die Vollmacht erteilt hate. Die Namen waren ähnlich und ich dachte, deshalb hat C. die beiden verwechselt. Im Podcast hieß es weiter, Kristoffia ist das größte Land neben Russland. Aber im Gegensatz zur Ukraine ist es in einem Höhlensystem organisiert, entlang kreisförmiger Tunnel, wie in der Nekropole von Pantalica in Sizilien. Das unbewohnte Innere des Kreises war komplett mit Pflanzen bewachsen. So buschig, so hoch, so miteinander verwoben, dass es sicher undurchdringlich sein muss. Als ob diese Büsche die Menschen verdrängt haben – ausnahmsweise mal nicht umgekehrt. Der Journalist sagte, dass diese Tunnel-Infrastruktur es den Russen sehr schwer machen wird, diese Menschen zu bekämpfen. Plötzlich bin ich in Kristoffia und eine Frau zeigt mir gesammelte Lebensmittel. Ich erinnere mich vor allem an kleine Nüsse und Knoblauchzehen. Dann erklärte sie mir, dass sie so leben, weil sie ihre Funde in den Höhlen aufbewahren müssen. Und in einigen von ihnen gibt es auch Öfen, in denen sie Nüsse rösten und so weiter. Ich war fasziniert von dieser Lebensweise, aber irgendwie bekam ich plötzlich Angst um diese Leute. Was macht ihr, wenn es Zeiten der Knappheit gibt? Und ihr nichts zum sammeln findet? Jagt ihr auch manchmal? Diese Frage stellte ich, obwohl mir das mit dem Jagen im Voraus unwahrscheinlich erschien. Wenn diese Leute so viel Platz für die Pflanzen in ihrem Land lassen, dann lassen sie bestimmt auch die Tiere in Ruhe und sind sicher Vegetarier. Die Frau antwortete aber: Ja, manchmal tun wir das. Aber dann hatte ich viele andere Fragen. Was ist, wenn jemand krank wird? Geht ihr dann in ein anderes Land und bringt diese Person ins Krankenhaus? Ich war überzeugt, dass sie nicht über die Technologien verfügen, um selbst Spitäler zu haben. Aber dann fragte ich mich, ist ihnen nicht manchmal langweilig hier? Die ganze Zeit nur sammeln? Ich wurde in eine riesige Halle mit vielen Büchern gebracht. Es gab Bücher über einfach alles und viele Bilder und Poster an den hohen Wänden. Die Frau zeigte mir auch ihre Kameras und Blitzlampen und sie waren sehr modern. Ich war überrascht, plötzlich diese Hightech-Geräte zu sehen bei Leuten, die ein einfaches Höhlenleben führen. Das passt doch nicht zusammen. Die Kameras trugen keine Markennamen wie Nikon oder Canon. Ich habe mich nicht getraut, weiter nachzufragen, ob sie Nikon oder Canon haben.“
Einzelheiten
Entstehungsjahr | 2022 |
Material | Video (5 Minuten) |
Künstler | Nicklas Hoffmann |
Wurde ausgestellt in | Das Hotel ein Traum im Kurhaus in Bergün (2023) |